Eine Blogger-Wanderung auf dem Kall Trail und zum Westwall

Als ich 2012 vier Tage auf dem Wildnis-Trail unterwegs war und wir unvermittelt auf Kriegsspuren aus dem 2. Weltkrieg gestoßen sind, war ich mehr als überrascht. War es mir vorher doch nie so bewusst gewesen, dass in der Eifel die blutigste deutsch-amerikanische Schlacht des 2. Weltkrieges stattgefunden hat.

Daher war ich sofort begeistert, als Axel von Outdoorseite vorgeschlagen hatte, dass wir die nächste Blogger-Wanderung doch auf dem Kall Trail in der Nordeifel machen könnten. Bot es doch die Gelegenheit, mehr über die geschichtlichen Hintergründe zu erfahren. Und das Beste war: Axel hatte uns sogar einen richtigen History-Guide organisiert!

Schlechtes Wetter – damals wie heute

Als ich gemeinsam mit Bernd von kritzelkraxel.net, seiner Freundin Martina und Wanderhund Sam aus dem Ruhrgebiet zum Treffpunkt nach Vossenack fahre, ist das Wetter mehr als bescheiden. Es wird erst gar nicht richtig hell, es regnet und es ist nasskalt. Genauso waren die Wetterbedingungen wohl auch im Herbst 1944. Der Winter dauerte damals lange und auch das Frühjahr war extrem regnerisch. Zumindest können wir uns jetzt gut in die damaligen Wetterbedingungen hinein versetzen.

Wir haben einen Guide!

Als wir um 10 Uhr auf dem Parkplatz an der Kirche in Vossenack eintreffen, sind Axel und seine beiden Arbeitskollegen Paul und Martin von der Abenteuerschmiede schon da. Und auch Michael, unser Guide trifft gerade ein. Michael ist ausgebildeter History-Guide beim Rureifel-Tourismus e.V. und betreibt die Seite FTB Adventures. Auf dieser bietet er geführte Mountainbike- und Wandertouren an. Diesmal wird er ein paar Outdoor-Blogger durch die Eifel führen. Ob er weiß, auf was er sich da eingelassen hat?

Eine Region mit trauriger Vergangenheit

Bevor es richtig los geht, erläutert Michael uns an der St. Joseph Kirche die geschichtlichen Hintergründe, die zur Schlacht im Hürtgenwald, die auch „Allerseelenschlacht“ genannt wird, geführt haben. Das es jetzt in strömen regnet merken wir kaum. Denn seine Worte haben uns sofort in ihren Bann gezogen. Anschaulich erzählt er uns von der Landung der Alliierten in der Normandie und über den schnellen Vormarsch der alliierten Streitkräfte in Nordfrankreich und den Niederlanden, der schließlich erst im Raum Aachen vor dem Westwall ins Stocken geriet. Sicher zitiert er dabei Daten und Namen und versteht es, uns damit nicht zu langweilen.

Nach dem die angeschlagenen Deutschen Truppen sich reorganisiert und Verteidigungsstellungen aufgebaut hatten, wollten die Alliierten schließlich hier im Hürtgenwald durchbrechen. Was dann folgte, sollte als die Schlacht im Hürtgenwald traurige Berühmtheit erlangen. Denn diese zählt zu den schwersten Kämpfen des Zweiten Weltkrieges überhaupt. Wir sind tief beeindruckt und können es kaum noch erwaten, dass es endlich los geht.

Schmale Trails und unwegsames Gelände

Kurz nach der Kirche passieren wir ein Splitterkreuz, das aus Granatsplittern von den Schlachtfeldern zusammengesetzt wurde und den damaligen Beginn des Kall Trails markiert. Kurz nach dem wir die letzten Häuser passiert haben, eröffnet sich uns der weite Blick über das Kalltal. Michael erklärt uns, wo die Artilleriestellungen der Deutschen waren und uns wird sofort klar, dass die Amerikaner hier auf der freien Fläche dem Artilleriefeuer schutzlos ausgeliefert waren. Kein schöner Gedanke.

Wenig später führt Michael uns auf einen steil abfallenden, schmalen Waldweg weiter. Nach ein paar Metern bleibt Michael stehen und erzählt uns, dass hier die Stelle war, an der ein Sherman Panzer auf eine Mine gefahren ist und danach den Kall Trail blockierte. Versuche den Panzer zu umfahren scheiterten, führt Michael aus. Einige Panzer stürzten sogar den Hang hinunter. Fahrzeuge blieben im Matsch stecken oder verkeilten sich, weil der Weg so schmal war. Jetzt wird uns klar, dass die materielle Überlegenheit der Amerikaner hier in der zerklüfteten Eifel bedeutungslos war und wir können uns die damalige Situation bildhaft vorstellen.

Ein paar Meter später zeigt Michael uns einen Felsvorsprung, der von Pionieren erst mühselig beseitigt werden musste, damit die Panzer und Fahrzeuge den schmalen Weg passieren konnten. Ein Stück weiter befand sich rechts, oberhalb am Hang eine First Aid Station zur Erstverpflegung der Verwundeten. Hätten wir Michael nicht dabei, wir wären an beiden Stellen einfach vorbei gelaufen. Aber wir haben ja einen Guide. Und einen richtig guten dazu.

Das Wunder vom Hürtgenwald

Es geht weiter bergab und wenig später überqueren wir die Kall-Brücke. Mitten auf der Brücke bleibt Michael an einer Skulptur stehen. Er erzählt uns, wie der deutsche Stabsarzt Dr. Stüttgen hier einen Waffenstillstand ausgehandelt hat und damit Hunderten von verwundeten deutschen und amerikanischen Soldaten das Leben gerettet hat. An die humanitäre Aktion erinnert heute diese Gedenkskulptur. Daneben informiert eine Tafel über die Hintergründe des Waffenstillstands, der in Amerika als „Das Wunder vom Hürtgenwald“ bekannt ist. Ich bin tief bewegt, dass es in mitten des totalen Wahnsinns doch noch Menschlichkeit gab.

Das meist fotografierte Objekt auf dem Kall Trail

Nach dem ich mit Axel noch schnell einen Cache gehoben haben, geht es am gegenüberliegenden Hang hinauf. Kurze Zeit später stehen wir vor dem wohl am häufigsten fotografierten Objekt auf dem Kall Trail: Die Panzerkette eines Shermans, welche das flüchtende 707. Tank-Bataillon hier zurücklassen musste und jetzt in Beton gegossen ist. Michael erläutert uns die dramatischen Ereignisse von damals und warum die amerikanischen Soldaten hier Hals über Kopf den Rückzug antreten mussten.

Wahnsinn des Krieges

Wir hingegen marschieren weiter den Berg hinauf, auf dem die Deutschen ihre Stellungen hatten und den Amerikanern schwere Verluste beigefügt haben. Michael zeigt uns einen Hang, der damals mit Kriegschrott und vielen Toten überseht war, weil keine Zeit war, die Gefallenen zu bergen. Diesen schrecklichen Anblick können wir uns kaum ausmalen.

Wenig später bleibt Michael kurz vor dem Aussichtspunkt “Decke Ley” stehen. Im Hang unter uns sind noch deutlich Bombentrichter und Schützgräben zu sehen. Er gibt uns eine kurze Einführung in die unterschiedlichen Arten von Schützgräben und beschreibt die fürchterlichen Grabenkämpfe. Oft Mann gegen Mann. Ich muss an die Szenen aus einer Episode von Band of Brothers denken, die während der Ardennenoffensive spielt. Mir läuft es eiskalt den Rücken runter. Kaum vorstellbar, dass die Soldaten in diesen Erdlöchern bei Kälte und Nässe in ihrer Baumwollkleidung auf den Feind gelauert haben.

Zum Westwall

Ein Stück oberhalb bietet sich uns ein schöner Ausblick auf das Kalltal und Vossenack. Auch hier im Boden haben die Panzer für immer tiefe Spuren im Fels hinterlassen. Da es noch recht früh ist, schlägt Michael vor, noch einen Abstecher zu den gut erhalten gebliebenen Bunkern des Westwalls bei Simonskall auf dem Buhlert zu machen. Lange überreden muss er uns nicht. Doch der Weg dahin zieht sich. Es geht über matschige Forstwege, die so aussehen, als ob gerade erst die Panzer den Weg mit ihren Ketten aufgepflügt haben. Wasser hat sich in den tiefen Kratern gesammelt und lässt uns im zick-zack Kurs vorwärts maschieren. So geht das Kilometer für Kilometer. Mittlerweile hat es jedoch aufgehört zu regnen und die Sonne kommt ein wenig raus.

Von Betonmonstern und Regelbautypen

Nach einer Weile biegt Michael auf einmal nach halbrechts in den Wald ab. Und dann stehen wir vor dem ersten Bunker. Das Betonmonster mit der Nummer 132 vom Regelbautyp 10 ist völlig intakt. Und begehbar! Schnell sind die Stirnlampen aus dem Rucksack gekramt und es geht auf Erkundungstour ins Innere des Bunkers. Bereitschaftsraum, Kampfraum, alles wird von uns neugierig inspiziert. Wir sind fasziniert, wie viele Details noch erhalten geblieben sind. Original Beschriftungen. Grüne Tarnfarbe. Rohre. Der Notausgang. Geschichte pur.

Weiter geht es zum nächsten Bunker mit der Nummer 131. Denn hier auf dem bewaldeten Höhenzug Buhlert erstreckte sich der Westwall mit seinen Bunkern, von denen noch ein paar unzerstört vorhanden sind. Die meisten wurden jedoch entweder gesprengt oder mit Erde zugeschüttet. Dieser, ebenfalls vom Regelbautyp 10, ist leider verschlossen. Doch Axel hat schon den nächsten Bunker ausgemacht, der gut getarnt unter reichlich Erde, Blättern und Tannennadeln hinter uns im Wald liegt. Sofort kommt der Trailrunner in ihm durch und er spurtet los. Und ich hinterher.

Dieser Bunker vom Regelbautyp 23 hat die Nummer 135 und ist ebenfalls in einem sehr guten Zustand. Und auch wieder begehbar. In ihm steht jedoch das Wasser, weshalb wir uns nicht lange drin aufhalten. Denn auch ohne Wasser ist es nicht sehr gemütlich in den feuchtkalten Betonklötzen. Wie die Soldaten sich damals in den Bunkern gefühlt haben, können wir nur erahnen. Gemütlich war es sicherlich nicht.

Nach dem kurzen Abstecher geht wieder aus dem Wald und auf dem Weg weiter, der als Versorgungsstraße für den Bunkerbau genutzt wurde. Wenig später führt uns Michael nach links zu dem nächsten Bunker. Dieser hat die Nummer 139/140 und ist vom Regelbautyp 11. Er hatte neben dem Kampfraum zwei innenliegende Bereitschaftsräume und bot Platz für bis zu 27 Mann. Leider ist der Zugang verschlossen und so halten wir uns auch nicht lange auf.

In der Dunkelheit zurück nach Vossenack

Von der Befestigungslinie am Westwall führt uns Michael wieder zurück in Tal. Stetig geht es bergab und wir reden über unsere Eindrücke. Wir kommen an einer alten Fernmeldestation sowie einer MG-Stellung vorbei. Kurz vor Simonskall passieren wir noch einen gesprengten Bunker vom Regelbautyp 10. In Simonskall zeigt Michael uns schließlich noch einen Sanitätsbunker, der vollständig erhalten geblieben ist und auch besichtigt werden kann. Jedoch nur nach Vorankündigung. Denn auf ihm wurde ein Haus errichtet. Auch nicht schlecht.

Dann machen wir uns auf dem Rückweg, immer auf dem Kallweg der Kall entlang durch das Tal. Michael erzählt mir von seiner Alpenüberquerung mit dem Rad, die er zusammen mit seinem Vater und Bruder gemacht hat. Tolle Aktion. Langsam setzt die Dämmerung ein. Als der Kallweg schließlich nach rechts abzweigt und wir uns links halten müssen, ist es schon ziemlich dunkel.

Wieder werden die Stirnlampen aus dem Rucksack geholt. Im Schein der Lampen geht es die letzten Kilometer durch den Wald und über Wiesen wieder hinauf nach Vossenack. Als wir die Kirche nach dem relativ anstrengenden Aufstieg zum Abschluß erreichen, sind wir immer noch tief beeindruckt von Michaels Ausführungen und dem, was wir gesehen haben. Das wir jetzt nicht einfach so nach Hause fahren können, da sind wir uns sofort einig. Daher lassen wir im Gasthof “Zum Alten Brauhaus” den Tag und die geschichtsträchtige Blogger-Wanderung ausklingen.

Mein Fazit

Diese Blogger-Wanderung auf dem Kall Trail und zum Westwall war stark durch die historischen Ereignisse während des 2. Weltkrieges geprägt. Das Naturerlebnis spielte diesmal nur eine Nebenrolle und die Kämpfe im und um den Hürtgenwald sowie dessen Spuren die Hauptrolle.

Dadurch war die Tour für mich unheimlich interessant, lehrreich und etwas ganz Besonderes. Vor allem weil unser Guide Michael es verstanden hat, uns die Kriegsereignisse und die Zeugnisse aus dieser Zeit anschaulich und interessant zu erklären. Durch ihn erhielten wir einen sehr nachhaltigen Eindruck von dem Irrsinn des Krieges sowie dem Leiden der Soldaten und der Bevölkerung.

Herzlichen Dank Axel, für die Organisation und die Idee mit der geführten Tour!

Einen ganz besonderen Dank gilt Michael von FTB-Adventures, der mich mit seinen Ausführungen sofort in seinen Bann gezogen hat. Sein geschichtliches Hintergrundwissen hat mich unheimlich beeindruckt und ich habe viel über die Ereignisse während des 2. Weltkrieges in der Eifel sowie über die Schlacht im Hürtgenwald gelernt.

Daneben war es wieder schön, mit den Blogger-Kollegen unterwegs zu sein und neue Leute kennen zu lernen.

Der Bericht der anderen Blogger

FTB-Adventures | Eine Bloggerwanderung zum Kalltrail und zum Westwall

KritzelKraxel.net | Jahresabschlußbloggerwanderung

Outdoorseite | Blogger im Bunker – Eine Wanderung auf dem Kall Trail

Meine Aufzeichnung der Tour bei Social Hiking

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Mein Name ist Jens und ich bin ein absoluter Outdoor-Enthusiast: Wandern und Trekking bedeutet für mich, die Natur hautnah mit allen Elementen erleben – egal ob bei Sonnenschein, Regen oder Schnee. Mich zu bewegen, Neues zu erkunden und mich den Herausforderungen der Natur zu stellen, sind für mich ein idealer Ausgleich zum Alltag.

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