Praxistest: The North Face Meru Gore Jacket

Wie und wo soll ich eine Jacke testen, die schon auf der Shark‘s Fin an der Nordwestwand des 6.330 Meter hohen Meru Peak erprobt wurde und dabei bestanden hat? Die bis dahin unbestiegene Route zählt schließlich zu einer der härtesten und schwersten alpinen Touren und stellt eine der weltweit ultimativen Herausforderungen dar.

Gereizt hat es mich aber trotzdem. Schließlich haben die Amerikaner von The North Face sich dem Schwachpunkt von Jacken aus dem leichten und hoch atmungsaktiven Gore-Tex Active angenommen: Die mangelnde Rucksacktauglickkeit und der damit einhergehenden Abriebfestigkeit. Herausgekommen ist ein Novum: Die Meru Gore Jacket – eine Hardshell aus Gore-Tex Active für alpine Aktivitäten. SportScheck hat mir die Gelegenheit gegeben, diese außergewöhnliche und innovative Jacke zu testen.

The North Face Meru Gore Jacket

Die Meru Gore Jacket ist Teil des Meru-Ausrüstungsset von The North Face und gehört zur expeditionserprobten Summit Series. Die Meru-Ausrüstung wurde zusammen mit den The North Face Athleten Conrad Anker, Jimmy Chin und Renan Ozturk entworfen und entwickelt, um für ihre Rückkehr auf die „Shark’s Fin“ des Mount Meru bestens ausgerüstet zu sein. Mit Hilfe des Meru-Ausrüstungsset, gelang es den drei Bergsteigern dann schließlich am 30. September 2011 den bis dahin unbestiegenen Gipfel des Himalaya über die Route “Shark’s Fin” an der Nordwestwand des 6.330 Meter hohen Meru Peak in Indien zu bezwingen.

Die Hardshell für Bergsteiger und Kletterer ist aus atmungsaktiven und wasserdichten 3-Lagen-Gore-Tex Active Shell in zwei verschiedenen Materialstärken gefertigt. Die Meru Gore Jacket ist leicht, hat aber trotzdem eine umfassende Ausstattung für alpine Aktivitäten: Zwei große, rucksacktaugliche Brusttaschen,  helmkompatible und voll verstellbar Kapuze, wasserdichte Reißverschlüsse und in der Weite regulierbarer Saum und Ärmelbund. Das Besondere sind die griffigen Verstärkungen an den Schultern, die das Abrutschen der Rucksackgurte verhindern sollen.

Gore-Tex Active

Produkte aus Gore-Tex Active sind speziell für höchste Atmungsaktivität konstruiert und ideal für eintägige Aktivitäten ohne schweren Rucksack mit sehr großer körperlicher Belastung. Alle Bekleidungskomponenten sind für optimierte Transpirationsregulierung konstruiert, um unter hoch aeroben Bedingungen maximale Atmungsaktivität und größtmöglichen Komfort gewährleisten zu können, wobei der körpernahe Schnitt und das minimalistische Design die Funktionalität unterstreichen.

Um das zu erreichen, wird eine leichtere, dünnere Gore-Tex Membran fest mit einem feinen, strapazierfähigen Stoff mit geringem Denier-Wert verbunden. Auf der Futterseite wird die textile Abseite durch eine patentrechtlich geschützte Laminationstechnologie direkt in die Gore-Tex Membran integriert. Das Ergebnis ist ein Material, das extrem atmungsaktiv und dabei dauerhaft wasserdicht und winddicht ist und außerdem einen hervorragenden Next-To-Skin-Komfort bietet.

Eine anschauliche Übersicht der GORE-TEX Produktklassen gibt es im Freiluft Blog.

Details

  • Material: 20D (62% Nylon, 38% Polyester) mit 94 g/m2
  • Material Verstärkungen: 40D (68% Nylon, 32% Polyester) mit 120g/m2
  • Wassersäule: 18.000 mm
  • Nahtbandversiegelte Nähte
  • Wasserdichte Reißverschlüsse
  • Verstellbare, helmtaugliche Kapuze
  • Zwei Brusttaschen
  • Ärmelbündchen und Saum verstellbar
  • Gewicht: 423 g in der Größe L (nachgewogen)
  • Größen: S, M, L, XL
  • Preis: 400 Euro (UVP)

Praxistest

Wie und wo soll ich eine Jacke testen, die schon auf der Shark‘s Fin an der Nordwestwand des 6.330 Meter hohen Meru Peak erprobt wurde und dabei bestanden hat?

Die bis dahin unbestiegene Route zählt schließlich zu einer der härtesten und schwersten alpinen Touren und stellt eine der weltweit ultimativen Herausforderungen dar. Wenn die Jacke unter diesen extremsten Bedingungen besteht, dann wird sie auch bei allen anderen Einsatzgebieten überzeugen. Zu allem Überfluss, habe ich dann auch noch im Rahmen der European Outdoor Film Tour (E.O.F.T.) in Dortmund den beeindruckenden Film über die Besteigung des Shark‘s Fin Mount Meru gesehen. In dem Film tragen Conrad Anker, Jimmy Chin und Renan Ozturk die Ausrüstung des Meru-Kits von The North Face und ich habe gesehen, was extreme Bedingungen wirklich bedeuten.

Daher könnte der Artikel hier eigentlich enden. Punkt aus. Als Gear Junkie hat es mich aber trotzdem gereizt, die Jacke genauer unter die Lupe zu nehmen. Deshalb habe ich sie trotzdem getestet, jedoch nicht unter nur annähernd extremen Bedingungen wie auf der Shark‘s Fin. Aber mal ehrlich, wie viele Leute können das schon?

Erster Eindruck

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Ich habe die Meru Gore Jacket in einem kräftigen Orange bekommen. Damit ist die Jacke nicht nur optisch ein echter Hingucker, sondern durch die knallige Signalfarbe ist man auch im Gelände gut sichtbar. Jedoch wird man gerade zu Halloween gerne mal mit einem Kürbis verwechselt ;-)

Die Reißverschlüsse sind in einem dunklen Grünton abgesetzt und harmonieren sehr gut mit dem Orange. Die beiden verwendetet Materialstärken unterscheiden sich leicht im Farbton, die Verstärkungen an den Schultern und der Hüfte sind etwas dunkler. Die verschiedenen Logos auf dem Ärmel, Brust und Schulter reflektieren alle das Licht. Die Jacke ist schön leicht, auch wenn sie mit 423 Gramm in der Größe L nicht zu der leichtesten Vertreterin unter den Jacken aus Gore Gore-Tex Active zählt. Durch das geringe Gewicht und das leichte Material ist sie dennoch klein verpackbar und lässt sich so gut im Rucksack verstauen.

Verarbeitung und Material

Die Meru Gore Jacket ist sehr hochwertig und sauber verarbeitet, so haben die Nahtbänder (Tapes) nur eine Breite von 13 mm. Das zeugt von einer hohen Verarbeitungsqualität und verbessert die Atmungsaktivität, da weniger doppelte Materiallagen vorhanden sind.

Das 3-Lagen Gore-Tex Active Material ist sehr dünn, fühlt sich gewohnt geschmeidig an und raschelt für eine Hardshell relativ wenig. Die Active Produktklasse ist speziell für höchste Atmungsaktivität konstruiert und gedacht für eintägige Aktivitäten mit sehr großer körperlicher Belastung. Durch die daraus resultierende, extrem dünne Konstruktion, ist das Material jedoch nicht so abriebfest und daher nur bedingt ruckacktauglich.

The North Face hat sich diesem Problem angenommen und verwendet an den Schultern und an der Hüfte eine dickere Materialvariante des Gore-Tex Active. Denn diese Stellen werden Erfahrungsgemäß am meisten durch einen Rucksack oder Klettergurt mechanisch belastet. Durch diesen Druck wird bei Regen das Wasser schneller durch das Material gedrückt und der Oberstoff nutzt sich schneller ab. Zusätzlich aufgebrachte Gummierungen auf den Schultern verhindern zum einen das Abrutschen des Rucksackgurtes und zum anderen wird auch die Auflagefläche und die Bewegung des Riemens auf dem Oberstoff minimiert. Das wiederum reduziert das Scheueren und den Druck auf das Material.

Unterwegs im Regen konnte ich kein Eindringen von Feuchtigkeit an den Auflagestellen des Rucksackgurtes bemerken. Wie haltbar die Gummierungen auf Dauer sind, wird sich erst nach einiger Zeit zeigen. Bisher konnte ich jedoch noch keine Abnutzungserscheinungen durch das Tragen meines Tagesrucksacks feststellen.

Schnitt und Passform

Die Ärmel und der Rücken der Meru Gore Jacket sind aufgrund der alpinen Anforderungen länger geschnitten. So wird bei mir bei einer Körpergröße von 1,82 cm und in der Größe L sogar das Gesäß komplett bedeckt. Beim hoch greifen spannt nichts und Arme und Rücken bleiben geschützt. Trotz oder gerade wegen der Fokussierung auf das Bergsteigen, ist die Passform nicht zu sehr körperbetont, so dass man bequem noch eine wärmere Schicht drunter ziehen kann. Besonders die Ärmel sind etwas großzügiger geschnitten. Dadurch bietet die Jacke eine sehr gute Bewegungsfreiheit und passt mir sehr gut.

Bedienung

Die helmkompatible Kapuze mit Krempe lässt sich durch Gummizüge optimal an den Kopf anpassen und dreht sich einmal fixiert bei Kopfbewegungen schön mit. Die Gummizüge sind alle in die Jacke eingearbeitet, nur zum festziehen schaut vorne rechts und links ein Stück heraus. Zum lockern muss man die ebenfalls eingearbeiteten Stopper drücken. Diese fallen jedoch recht klein aus und sind mit Handschuhen schwer zu drücken. Am Hinterkopf lässt sich das Volumen der Kapuze reduzieren. Leider lassen sich beim festziehen, die Gummizüge und Stopper nicht einhändig bedienen.

Die Ärmelbündchen können mit Klettverschlüssen in der Weite verstellt werden. Der Saum lässt sich auch durch innen liegende Gummizüge anpassen, deren Enden sich in den Taschen befinden. Dies geht aber leider auch nur beidhändig. Die dazu gehörigen Stopper sind ebenfalls in die Jacke eingearbeitet. Dadurch gibt es außen keine heraushängende Bänder und Stopper und können sich dem entsprechend auch nicht störend auswirken. Solche ausgeklügelten Detaillösungen sind unter den leichten und minimalistischen Jacken aus Gore Active eher die Ausnahme.

Die großen Brusttaschen mit Netzfutter sind über kreuz angeordnet und so platziert, dass sie auch mit Rucksack oder Klettergurt zu öffnen sind. Die Taschenöffnungen sind stolze 25 cm lang und das Volumen ist riesig. Die Taschen bieten genügend Stauraum für Unmengen an Ausrüstung und sogar eine 1 Liter Platypus Wasserflasche lässt sich bequem in einer Tasche verstauen.

Die Reißverschlüsse vom Marktführer YKK sind wasserfest und dank Anhänger auch mit Handschuhen gut zu greifen. Sie laufen aufgrund der wasserfesten Ausführung nicht ganz so leichtgängig. Die Zipper der Taschen enden oben in Garagen. Der Frontreissverschluß ist mit einer Windleiste hinterlegt und nur von einer Seite zu öffnen. Oben endet er in einer großzügigen Kinnabdeckung, die mit Fleece hinterlegt ist.

Trage- und Klimakomfort

Auch die Meru Gore Jacket trägt sich dank des Gore-Tex Active sehr geschmeidig und fühlt sich unheimlich angenehm auf der Haut an. Gore nennt das den „Next-to-skin-Komfort“ und trifft es damit sehr gut. Wegen dem dünneren Material ist der Tragekomfort auch spürbar weicher als z.B. bei Gore-Tex Pro.

Durch die extrem atmungsaktive Active Membran bietet die Meru Gore Jacket einen perfekten Klimakomfort. Das Material transportierte bei anstrengenden Aufstiegen den Schweiß schnell von der Haut nach außen. Dadurch blieb die Innenseite der Jacke bis zu eine gewissen Grenze schön trocken. Denn auch Gore Active kommt irgendwann an seine Grenzen. Ist die erreicht, lassen sich aber die großen Taschen aufgrund des Netzfutters als zusätzliche Belüftungsmöglichkeit nutzen.

Wind- und Wetterschutz

Bei einer mehrstündigen Wanderung bei strömenden Regen hat die Jacke und das Gore Active auch mit einem Tagesrucksack dem Regen stand gehalten. Ich konnte danach keine undichten Stellen ausmachen. Gore ist sogar so überzeugt von seinen Produkten, dass man sich auf das Garantieversprechen „GUARANTEED TO KEEP YOU DRY“ berufen kann, sollte man nicht mit der Wasser- oder Winddichtigkeit oder der Atmungsaktivität seines Gore-Tex Produkts vollkommen zufrieden sein. In diesem Fall würde Gore das Produkt reparieren, austauschen oder den Kaufpreis zurückerstatten. Vorbildlich.

Außerdem schützt die Meru Gore Jacket durch den hoch schließenden Kragen, die gut anpassbare Kapuze, das verlängertes Rückenteil und nahtbandversiegelten Nähte optimal vor widrige Wetterbedingungen. Besonders die vorgeformte und lange Krempe der Kapuze hat mich unterwegs im Regen überzeugt, weil sie Wind und Regen zuverlässig aus dem Gesicht fern hält. Der hintere Kapuzenzug ist noch mal extra abgedeckt, so dass darüber auch keine Nässe ins innere gelangen kann. Alles durchdachte Details, die bei einer so leichten Jacke nicht selbstverständlich sind.

Die Imprägnierung lässt Regen schön abperlen und verhindert ein vollsaugen des Materials mit Feuchtigkeit. Diese wasser- und schmutzabweisende Ausrüstung, sehe ich jedoch gerade auch nach dem Greenpeace-Test zu Chemikalien in Outdoor-Kleidung sehr kritisch. Denn um das zu erreichen, muss die Jacke mit Chemikalien behandelt werden, die in der Natur nicht abgebaut werden können.

Mein Fazit

Die Meru Gore Jacket von The North Face ist eine leichte, hoch atmungsaktive und wasserdichte Hardshell für schweißtreibende Aktivitäten. Die Ausstattung ist schlicht und die Bedienung sehr durchdacht. Nur die eingearbeiteten Stopper sind – vor allem mit Handschuhen – nicht gut zu greifen.

Mit der innovativen Konstruktion und den speziell fürs Bergsteigen und Klettern entwickelten Features machen die Entwickler von The North Face das Gore-Tex Active sogar alpin- und rucksacktauglich(er).

Aber auch wenn die Meru Gore Jacket für den Erfolg auf der Shark’s Fin konzipiert und entwickelt wurde, würde ich trotzdem für richtig raue Bedingungen oder längere Touren mit schwerem Gepäck eine Jacke aus robusterem Material empfehlen. Wer aber für schweißtreibende Aktivitäten eine sehr funktionale Hardshell mit höchster Atmungsaktivität und sehr gutem Wetterschutz sucht, der sollte sich die Meru Gore Jacket genauer anschauen – auch wenn soviel Innovation seinen Preis hat.

Die Meru Gore Jacket ist bei ausgesuchten Fachhändlern erhältlich.

Anmerkung: Die Jacke wurde mir freundlicherweise von SportScheck für diesen Test zur Verfügung gestellt. Vielen Dank dafür! Meine Meinung ist jedoch wie immer nicht beeinflussbar.

Veröffentlicht von

Mein Name ist Jens und ich bin ein absoluter Outdoor-Enthusiast: Wandern und Trekking bedeutet für mich, die Natur hautnah mit allen Elementen erleben – egal ob bei Sonnenschein, Regen oder Schnee. Mich zu bewegen, Neues zu erkunden und mich den Herausforderungen der Natur zu stellen, sind für mich ein idealer Ausgleich zum Alltag.

5 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Ich kann in die Lobeshymne auf diese Jacke leider nicht einstimmen. Ich habe die Jacke seit einem dreiviertel Jahr und bin angesichts des doch hohen Preises echt frustriert: 2 Stunden mittelschwerer Regen und an den Ärmeln ist man klatschnass. Vier Stunden und man ist völlig durchweicht.

    • Hi Florian, danke für dein Feedback! Ich hatte mit der Wasserdichtheit der Jacke bisher keine Probleme. Ich bin mit ihr sogar einen ganzen Tag mit Rucksack durch Regen gewandert und trocken geblieben. Auch wenn sich der Oberstoff aufgrund abgenutzter Imprägnierung mal voll saugt, sollte die Jacke durch die Membran immer noch wasserdicht sein. Kann es sein, dass es sich bei der von dir wahrgenommenen Feuchtigkeit um Schweiß gehandelt hat?

  2. Pingback: Warum mich diese cleveren Details bei verschiedenen Hardshell-Jacken überzeugt haben - Hiking Blog

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