Auf dem Spessartbogen durch das Räuberland

Wer kennt sie nicht, die Märchen, Sagen und Legenden aus dem Spessart? Vor allem aber, war der Spessart schon immer der Wald der Räuber. Für mich bisher jedoch ein weißer Fleck auf meiner Wanderkarte.

Doch das wollte ich ändern und so bin ich letztes Jahr mit meinem Schwager auf dem Spessartbogen durch das Räuberland gewandert. Dabei sind wir tief in den hessischen Spessart eingetaucht und haben uns dabei auf die Spurensuche der Erzählungen begeben.

Premiumwanderweg Spessartbogen

Der Spessart ist ein Mittelgebirge in Bayern und Hessen zwischen Vogelsberg, Rhön und Odenwald. Der Naturpark Spessart gehört zu den derzeit 93 Naturparks in Deutschland und umfasst das größte zusammenhängende Gebiet aus Laubmischwäldern in Deutschland. Seinen Namen hat der Spessart übrigens vom Specht.

Der Premiumwanderweg Spessartbogen führt auf knapp 90 Kilometer durch den Naturpark Hessischer Spessart von Langenselbold über Bad Orb nach Schlüchtern. 

Auf dem Spessartbogen durch das Räuberland

Auf dem Spessartbogen durch das Räuberland

Unsere Wanderung auf dem Spessartbogen im Sommer 2018 wird uns immer als die Wanderung in Erinnerung bleiben, bei der wir vier Tage lang allerfeinstes Sommerwetter mit extrem heißen Temperaturen hatten. Und am Ende ist der Sommer der Superlative in die Geschichte eingegangen.

Spessartbogen Etappe 1: Von Langenselbold nach Freigericht-Horbach (18,8 km)

Voller Vorfreude laufen wir am ersten Tag morgens in Langenselbold los und sammeln schon die ersten Kilometer außerhalb des Spessartbogens, da wir etwas entfernt von Startpunkt übernachtet haben. Schon früh morgens liegen die Temperaturen über 20 Grad und wir stellen uns auf eine schweißtreibende Wanderung ein.

Nach knapp 30 Minuten erreichen wir den stilvollen Bahnhof in Langenselbold. Dahinter befindet sich der Wanderparkplatz „Buchberg“ und damit der Startpunkt des Spessartbogen.

Der erste Abschnitt führt uns durch das Kinzigtal längs eines bewaldeten Höhenzuges des Sandsteinspessarts. Sofort taucht der Wegverlauf in den Spessartwald ein und es geht auf schmalen Waldpfaden durch den dichten und Schatten spendenden Mischwald.

Wenige Kilometer später erreichen wir die „Wabernde Welle“, eine von drei Waldkunst-Projekten am Spessartbogen. Die anscheinend willkürlich gesetzte Bemalungen aus klein- und großflächigen Kalkanstrichen auf der Baumrinde ergibt für den unwissenden Wanderer erstmal keinen Sinn.

Erst an einem fest installierten Sitzplatz erschließt sich durch die richtige perspektivische Ausrichtung das Gesamtkunstwerk der Baumbemalungen als zusammenhängendes Bildmotiv: Einer durch den Wald wabernde Welle. Für uns ein schönes Kunstprojekt, weil es zum Perspektivwechsel einlädt und vielfältige Assoziationen hervorruft.

Der Spessartbogen streift anschließend Oberrodenbach und führt uns am Waldspielplatz „Dicke Tanne“ vorbei, der mit den Baumarten des Spessartwaldes vertraut macht. Wenig später öffnet sich der Wald und gibt den weiten Blick in die Freigerichter Bucht frei.

Nun führ uns der Spessartbogen ansprechend durch weite Felder und Wiesen. Die Folgen der lang anhaltenden Dürre der letzten Monate hat den Feldern ziemlich zugesetzt und deutliche Spuren hinterlassen. Das schöne Wetter und die Wärme genießen wir daher mit einem faden Beigeschmack und diskutieren über die Auswirkungen des Klimawandels.

Im weiteren Wegverlauf wandern wir durch traditionelle Kulturlandschaft, passieren verwitterte Grenzsteine und kommen an alten Kirsch- und Apfelbäumen sowie dornigem Schlehengehölz vorbei. Vorbei am Hof Trages mit Schloss und Park leiten uns die Wegmarkierungen entlang aussichtsreicher Waldränder. Schließlich verschwindet der Spessartbogen wieder in einem dichten Buchwald und das Laubdach spendet uns endlich wieder den ersehnten Schatten.

Nach dem schattigen Abschnitt geht es schweißtreibend über Wiesen hinauf zum Rodfeldturme. Hier kommen wir ordentlich in schwitzen. Oben angekommen werden wir jedoch mit einer herrlichen Fernsicht in die Niederungen der Wetterau und zum Vulkanmassiv des Vogelsberges belohnt.

Weiter geht es durch den Wald und vorbei an ländlicher Idylle. Wir passieren das Gasthaus Fronbügel, welches sich im bayrischen Teil des Spessarts befindet und uns an das Wirtshaus im Spessart erinnert. Durch alte Hohlwege wandern wir wieder hinab und kommen am verträumten Gondelteich vorbei.

Kurz vor unserem Etappenziel kommen wir an einer schönen Kneipanlage vorbei und wir nutzen die Gelegenheit zum Wassertretten. Wandern plus Wassertretten. Gesünder geht es nicht. Nach dieser willkommene Abkühlung erreichen wir nach wenigen Kilometern schließlich unser Ziel Freigericht-Horbach.

Spessartbogen Etappe 2: Von Freigericht-Horbach nach Bad Orb (27,4 km)

Auch am zweiten Tag auf dem Spessartbogen werden wir mit strahlend blauen Himmel und Sonnenschein begrüßt. Durch die stabile Wetterlage und die warmen Temperaturen, war die Auswahl der Bekleidung für die vier Tage diesmal wirklich leicht. Kurze Sachen und eine Regenjacke reichen voll und ganz aus.

Nach dem wir Freigericht-Horbach verlassen haben, führt uns das feuchte Wiesental des Näßlichbaches zu einer berühmten Mariengrotte, die nach dem Zweiten Weltkrieges errichtet wurde. Von dort geht es weiter durch den Wald, vorbei an Fischteichen und wieder in den schatten spendenden Wald.

Über die Breitenborner Höhe wechseln sich Dickicht, Wiesen und Waldränder ab. Mit dem Abstieg vom Kamm erreichen wir die blütenreichen Auwiesen des Lützelbachtales und laufen in das Tal der Bieber. Es geht durch den idyllischen Kasselgrund, durch grüne Wiesen und mit einem langgezogenen Anstieg auf die Höhe des Hubertusberges.

Oben im Wald kommen wir zu einer weiteren Kunstinstallation am Spessartbogen mit dem Namen „WaldverWortung“. Die Baumbemalung besteht aus Worte oder Wortbruchstücke, die vielfältige Assoziationen zulassen. Aus der richtigen Perspektive ist das Wort „Zeit“ zu lesen. Mit diesem Schlüsselwort lassen sich andere Worte aus Wortbruchstücke sinnvoll zusammensetzen. 

Noch während die Worte unsere Gedanken beflügeln, erreichen wir den Wartturm auf dem Molkenberg. Von dem 9 Meter hohen Turm bietet sich uns ein weiter Panoramablick über das bedeutende hessische Heilbad Bad Orb. Unserem heutigen Etappenziel. Hinter dem Turm verbirgt sich eine spannende Sage um Peter von Orb, welche sich zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges in den Wäldern von Bad Orb abspielte.

Der Spessartbogen leitet uns wenig später durch das Stadttor in die malerische Fachwerk-Altstadt des bedeutenden hessischen Heilbades. Bevor wir unsere Unterkunft aufsuchen, machen wir noch einen Abstecher in den Kurpark mit dem riesigen Gradierwerk.

Spessartbogen Etappe 3: Von Bad Orb nach Marjoß (20,4 km)

Das 1806 erbaute Gradierwerk hat uns gestern so gut gefallen, dass wir morgens nochmal das riesige Freiluft-Inhalatorium mit zwei Rieselwänden aufsuchen. Die Bad Orber Sole rieselt über Schwarzdornreisig, es entsteht Verdunstungskühle und durch die salzige Luft entsteht ein Klima wie am Meer. Das Einatmen dieses Solenebels tut einfach gut und ist bei den warmen Temperaturen super angenehm.

Extrem entspannt beginnen wir danach unsere heutige Etappe und folgen der Makierung des Spessartbogen zu einem alten Sandsteinbruch mit rotschimmernden Felswände und tauchen wenig später wieder in den Wald ein.

Wir folgen nun dem kleinen Bach Hasel durch ein romantisches Wiesental. Zwischen bewaldeten Talhängen führt uns der Spessartbogen ins Haseltal. Auch hier lädt eine Kneipanlage zur Abkühlung ein, die wir so früh am Morgen freundlich ausschlagen.

Das Wasser beleitet uns weiter und wir passieren ein paar Forellenteiche bevor es auf Waldwegen stetig bergauf durch stille Spessartwälder geht. Nach dem wir den über 500 Meter hohen Markberg umrundet haben, kommen wir zum geheimnisvollen und idyllisch gelegenen Sölchesweiher. Die Spessart Räuberhütte im Wald lädt wenig später zur Pause ein. Ob die Spessarträuber sich hier nach ihren Raubüberfällen treffen?

Der Pfad geht nun in einen alten Hohlweg über und führt uns schließlich auf einem Wiesenweg in das Tal der Jossa hinab. Wir überqueren den Fluss, dessen Ufer eng von Erlen und Weiden umsäumt ist. Immer wieder sehen wir an den Bäumen die typischen Nagespuren von Bibern, die hier im Tal heimisch sind.

In Mernes legen wir an einer weiteren Kneipanlage eine Pause ein. Wie es scheint, wartet der Hesse gerne durch´s Wasser. Gut so, bietet die Anlage uns bei den sommerlichen Temperaturen doch eine willkommene Erfrischung.

Von Mernes aus führt uns der Spessartbogen abwechslungsreich durch Hecken und Gehölze bergauf zum Heidegebiet auf dem  „Stacken“ (465 m). Die Heide aus Zwergstrauchteppichen, im Wechsel mit Wachholderheide und Besenheide gehört mit zu den letzten Bereichen mit Wacholderheide im Sandstein-Spessart. Von hier oben haben wir einen herrlichen Ausblick bis zur Wasserkuppe in der Rhön.

Stetig, über mehrere Kilometer, geht es nun durch Wiesen und Felder bergab und immer wieder ergeben sich weite Ausblicke über die Landschaft. Schließlich sehen wir schon von weiten unser Etappenziel Marjoß.

Spessartbogen Etappe 4: Marjoß nach Schlüchtern (22,8 km)

Auch am letzten Tag ist es schon morgens sehr warm und die Sonne scheint von einem stahlblauen Himmel. Vier Tage nur Sonne und warme Temperaturen. Wow, das hatten wir noch nie, bei unserer jährlichen Wandertour.

Während wir morgens durch Marjoß laufen, um über einen kurzen Zubringer wieder auf den Spessartbogen zu gelangen, hören wir plötzlich einen markerschütternden Schrei, der die morgendliche Stille des Dorfes durchbricht. Uns ist sofort klar, dass etwas schlimmes passiert sein muss. Als wenig später ein Rettungshubschrauber angeflogen kommt, wird unsere Vermutung bestätigt.

Wieder auf dem Spessartbogen angekommen, überqueren wir die Jossa und folgen dem Rohrbach hinaus aus dem Jossatal. Hier im sumpfigen Tal haben sich die Biber so richtig ausgetoppt: Überall liegen Bäume mit den typischen Nagespuren der fleißigen Baumeister.

Auf schmalen Pfaden geht es ein Stück ansprechend durch den Wald und wenig später erreichen wir das Naturschutzgebiet Ratzerod. Das 80 Hektar große Gebiet liegt auf 400 Metern und beherbergt zahlreiche unterschiedliche Wiesentypen mit einer hohen Vielfalt an seltenen und stark gefährdeten Tier- und Pflanzenarten. Bei den sommerlichen Temperaturen durch die bunt blühenden Wiesen zu wandern ist ein absoluter Genuss für die Sinne.

Danach wechseln sich wieder waldige Abschnitte mit offenen Wiesen und Felder ab. Nach dem Willingsgrundweiher steuert der Spessartbogen auf das Kinzigtal zu, streift das Wolfswäldchen und folgt einem romantischen Waldweg, durch die steinige kühle Schlucht des Ahlersbaches.

Schließlich erreichen wir den Bernhaldswald mit dem Naturdenkmal Wilder-Tisch, einer bizarren Felsformation um um den sich die Spessart-Sage vom „Wilder Tisch“ rankt. Der Legende nach, essen die unsterblichen Wilden Männer täglich hier am Wilden Tisch. Gesehen haben wir keine.

Wenig später kommen wir zu letzten Kunstinstallation am Spessartbogen mit dem Namen Wegzeichenformel. Hier ist der Name Programm: Symbole, Balken oder Buchstaben ergeben aus der richtigen Perspektive bekannte Wandermarkierungen. Die Markierungen werden wiederum durch mathematische Symbole verbunden, die die Zeichen zu einer Formel werden lassen.

Danach führt uns der Wegverlauf wieder über weite Wiesen und Felder und der Spessartbogen verwöhnt uns zum Abschluss unserer viertägigen Wanderung nochmal mit weiten Ausblicken. Wir streifen einen alten Weinberg bei Hohenzell mit Magerrasen, Lesesteinwällen und Ligusterhecken, bevor es auf einem historischen Eselsweg bergab in Richtung Schlüchtern geht.

Schließlich erreichen wir unser Ziel und unsere Wanderung im Land der Räuber ist leider zu Ende.

Unser Fazit

Die Wanderung auf dem Spessartbogen hat uns vor allem durch den stetigen Wechsel von malerischen Waldabschnitten und offener Landschaft begeistert. Immer wieder wechseln sich dichte Wälder, Bachtäler und weite Felder und Wiesen mit herrlichen Ausblicken über die hügelige Landschaft ab.

Dabei führt der Premiumwanderweg über gut markierte Forst- und Wirtschaftswege sowie auf vielen schmalen Wald- und Wiesenpfaden durch den sagenumwobenen Spessart. Zwar gibt es unterwegs keine außergewöhnlichen Sehenswürdigkeiten, trotzdem gibt es viel zu entdecken und die Märchen, Sagen und Legenden werden vielerorts lebendig. 

Zudem bieten die drei gelungenen Waldkunst-Projekte eine schöne, visuelle Abwechslung und die Kneipanlagen die Möglichkeit für eine Abkühlung bei heißen Temperaturen.

Insgesamt hat uns der Premiumwanderweg Spessartbogen sehr gut gefallen. Auch das tolle Sommerwetter hat dazu seinen Teil beigetragen.

Links zu unserer Wanderung auf dem Spessartbogen

Meine Aufzeichnung der Wanderung bei Social Hiking

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Veröffentlicht von

Mein Name ist Jens und ich bin ein absoluter Outdoor-Enthusiast: Wandern und Trekking bedeutet für mich, die Natur hautnah mit allen Elementen erleben – egal ob bei Sonnenschein, Regen oder Schnee. Mich zu bewegen, Neues zu erkunden und mich den Herausforderungen der Natur zu stellen, sind für mich ein idealer Ausgleich zum Alltag.

3 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Das klingt richtig spannend und abwechslungsreich! Sollte ich mir für nächstes Frühjahr mal vornehmen… Vor einiger Zeit war ich mal im Kaufunger Wald, weil das neben dem Spessart auch eines der Wanderreviere der Jugendbewegung in den 20er Jahren war…. enttäuschend. Nur Fichtenmonokultur, schnurgerade Forstwege mit dicker Kiespackung… Dagegen scheint der Spessart ja immernoch ein Paradies zu sein!

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